Dieser Artikel behandelt die Kernaspekte des agilen Projektmanagements sowie die Bedeutung der Product Owner Rolle in der Softwareetnwicklungsbranche. Außerdem geht es um die Verbreitung von Produktmanagement-Methoden in Unternehmen, die Entwicklung der Bereiche Nutzerforschung und Datenanalyse und natürlich, inwiefern agiles Produktmanagement die Effektivität von Teams und damit einhergehend die Wettbewerbsfähigkeit von Produkten steigern kann.
Produktmanagement bedeutet, sich um die Entwicklung eines Produktes und seiner Eigenschaften zu kümmern - dies gilt auch für den Bereich der Softwareentwicklung. Die Entwicklung eines dauerhaft erfolgreichen, digitalen Produktes, etwa einer App oder einer Website, ist ein langfristiger Prozess, der nie richtig “abgeschlossen” wird, da das Produkt selbst stetig weiterentwickelt wird bzw. werden sollte. So werden Funktionen und Elemente immer wieder neu hinzugefügt oder (kurzfristig) entfernt, um das Produkt den Bedürfnissen seiner NutzerInnen anzupassen und aktuelle Anforderungen angemessen zu erfüllen.
Der gesamte Entwicklungs- und Optimierungsprozess sieht im Produktmanagement immer eine/n Hauptverantwortliche/n vor: den/ die sogenannte/n ProduktmanagerIn (oder in Scrum: Product Owner). Diese/r stellt die Schnittstelle zu allen Stakeholdern eines Produktes dar, konzentriert sich grundsätzlich auf die Pflege des zu entwickelnden Produktes, sammelt, kommuniziert und vertritt die Kundenbedürfnisse innerhalb der eigenen Organisation und managt den Verlauf des Entwicklungsprozesses sowie die daraus entstehenden Anforderungen und Einschränkungen - zum Beispiel durch Priorisierung der vereinbarten Entwicklungsarbeit. Im besten Fall löst das Produktmanagement dabei den natürlichen Konflikt zwischen den limitierenden Rahmenbedingungen der Organisation (z.B. Budget, Zeitvorgaben, Entwicklungskapazität) und den Bedürfnissen der NutzerInnen (z.B. Funktionsumfang, Interface-Optimierung, Schnittstellen).
Die Product Roadmap ist ein Instrument des strategischen Produktmanagements und gilt als das einzige “Werkzeug”, über das Product Owner bzw. ProduktmanagerInnen die volle Kontrolle haben. Die Product Road Map zeigt dabei die gesamte Entwicklung eines Produktes, die neben dem Status Quo und dem Gesamtzeitplan auch alle Fortschritte im Projektverlauf, gesetzte (Zwischen-)Ziele und die Produktvision berücksichtigt. Diese “Karte” visualisiert außerdem die zuvor erwähnte Priorisierungsarbeit und dient daher der Kommunikation mit den Vorgesetzten der ProduktmanagerInnen.
Die beiden strategischen Themen Produktmanagement und Projektmanagement sind zwar miteinander verknüpft, grenzen sich bei genauerer Betrachtung der jeweiligen Aufgabenfelder und Schwerpunkte jedoch deutlich voneinander ab.
Während sich das Produktmanagement konkret auf die Leistungsanforderungen eines Produktes und die daraus resultierende Bedeutung für die BenutzerInnen konzentriert, erstreckt sich das Projektmanagement über eine Reihe weiterer Aspekte, wie etwa der Budgetplanung oder der Aufgaben-, Kompetenz und Verantwortungsverteilung. Die Hauptaufgabe des Projektmanagements besteht darin, mithilfe von Planung, Anleitung (von Projektbeteiligten) und Kontrolle dafür zu sorgen, dass das individuelle Ziel des Projektes durch den optimalen Einsatz von Ressourcen erreicht werden kann - idealerweise innerhalb der Zeit- und Budgetvorgaben für das entsprechende Projekt. Dazu werden immer ein Anfangs- sowie ein Abschlussdatum festgelegt, die zwar angepasst werden können, aber dennoch grob eingehalten werden sollten. Das Konstrukt “Projekt” ist demnach ein übergeordneter Rahmen, in welchem bestimmte Aufgaben erfüllt werden müssen.
In Bezug auf die Fragen, was und wie viel Produkt- und Projektmanagement miteinander zu tun haben, ist darauf hinzuweisen, dass das Produktmanagement als Teil oder sogar in Form eines Projektes auftreten. Das Projektmanagement beinhaltet hingegen in den wenigsten Fällen auch Produktmanagement.
Konkret: ProjektmanagerInnen arbeiten in den seltensten Fällen an bestimmten Produkten - ganz gleich ob digital oder analog - sondern an der Organisation und Delegation innerhalb eines Rahmen gebenden, allüberblickenden Prozesses.
Die agile Entwicklung, die sich Prozessansätzen wie beispielsweise Scrum bedient, erfreut sich einer immer größeren Beliebtheit und wird von Unternehmen, insbesondere im IT-Sektor, stetig intensiver genutzt. Der Verband der deutschen IT-Industrie Bitkom führt regelmäßige Bewertungen von Projektmanagementmethoden durch, welche auf den Aktivitäten der Mitgliedsunternehmen basieren. In Bezug auf agile Methoden ist Scrum das von den befragten MitarbeiterInnen meistgenutzte und demnach mit Abstand führende Framework. So verwenden laut Umfrageergebnissen mindestens 80% der Unternehmen, die einen agilen Ansatz für ihre Projekte und Produkte anstreben, Scrum. Scrum sieht die Rolle des Product Owners zwingend vor, um die Verantwortlichkeit für die Kommunikation und Priorisierung von User Wünschen und Stakeholder-Anforderungen organisationell zu verankern.
65 Prozent der befragten Bitkom Unternehmen halten das agile Projektmanagement für erfolgreicher als jene mit klassischem Wasserfall-Ansatz. Letztere laufen mit traditionellen Vorgehensweisen häufig darauf hinaus, dass Zeit- und Budgetrahmen gesprengt und Projektmeilensteine und -ziele nicht (rechtzeitig) erreicht werden können. Der Umstieg auf Scrum begünstigt dagegen die Neuausrichtung gesamter Organisationen, die daraufhin das eigene Arbeiten hinterfragen und idealerweise zu einer effektiveren Struktur übergehen können. Dies ermöglicht Unternehmen, sich auf die Bedürfnisse von KundInnen und NutzerInnen zu konzentrieren und sich vor einer nach langwierigen Planungs- und Implementierungsphasen ausbleibenden Nachfrage auf dem Markt zu schützen.
Jedes Produkt muss eine ganze Reihe von Anforderungen innerhalb einer Organisation erfüllen, weshalb sich ProduktmanagerInnen mit verschiedenen Personen und Positionen auseinandersetzen müssen. Hierzu zählen jene MitarbeiterInnen eines Unternehmens, die das Budget und die Ressourcen bereitstellen und damit zur Optimierung und Weiterentwicklung des Produktes beitragen. Auch die MitarbeiterInnen, die das Produkt entwickeln, tragen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Zu den Entwicklungsteams zählen in der Regel Software-EntwicklerInnen sowie UX / UI DesignerInnen, die die Änderungen und Erweiterungen des Produkts inhaltlich umsetzen.
Das Abwägen und Schaffen eines Ausgleichs zwischen den Entwicklungskapazitäten und -plänen des Unternehmens auf der einen und die Berücksichtigung von Wünschen der NutzerInnen auf der anderen Seite ist an diesem Punkt als Kunst und Wissenschaft zugleich zu verstehen. Leitfäden oder Regelwerke gibt es nicht. Deshalb muss das Produktmanagement kontinuierlich sicherstellen, dass das Entwicklungsteam an den richtigen Aufgaben arbeitet und die Reihenfolge der Bearbeitung im Zweifel so gestaltet, dass ein optimaler Wertbeitrag im laufenden Entwicklungszyklus entsteht.
Im übertragenen Sinne stellt die Nutzerforschung einen Kompass dar, welcher stets kalibriert werden muss, um herausfinden zu können, wohin das Produkt gebracht werden soll. Darüber entscheidet letztendlich immer der/die jeweilige ProduktmanagerIn. Die Grundlage hierfür sollte immer der Kontakt mit den AnwenderInnen des (späteren) Produktes sein.
Neben der Nutzerforschung erweisen sich auch Nutzerinterviews sowie die Verfolgung von Markttrends als hilfreich, um immer auf dem aktuellen Stand zu bleiben und das Marktgeschehen sowie die unternehmerische Umwelt zu beobachten. So kann eruiert werden, welche Funktionen und Leistungen das Produkt beinhalten muss, um AnwenderInnen zufrieden zu stellen.
Laut dem Senior Innovation Consultant der Young Digitals hat eine bestimmte Produktmanagement-Kompetenz in den letzten Jahren enorm an Relevanz gewonnen: Die Datenanalyse. Hierbei geht es in großen Unternehmen nicht mehr um die Eingabe von SQL-Abfragen oder die Überprüfung von Datenbanken, sondern vielmehr um die Zusammenarbeit mit einem Business Intelligence-Team, um fortlaufend Hypothesen hinsichtlich der Nutzerpräferenzen aufzustellen und mit geeigneten Modellen und Analysen zu validieren bzw. falsifizieren. Das Einbinden von Business Intelligence-Ansätzen ist wichtig, da so eine Datengrundlage für die Erfolgsmessung von Änderungen und Erweiterungen des Produkts geschaffen wird.
Wenn also eine Funktion integriert wurde, für die nur unzureichende Verwendung gefunden wird, muss diese noch einmal angepasst werden. Hierfür könnten beispielsweise weitere Nutzerbefragungen durchgeführt werden, um herauszufinden, warum die Funktion nicht (wie erhofft) verwendet wird.
Es ist also wichtig zu verstehen, wie die entsprechenden Werkzeuge angewendet werden müssen, mit denen der Projekterfolg gemessen werden kann. Sobald ein Unternehmen die datengetriebene Phase erreicht hat, versucht es meist, den Produkterfolg auf der Grundlage konkreter Daten zu bewerten. Das impliziert in der Regel mehr als nur das Tracking des Produktumsatzes oder der Produktnutzung. Um das Produktbudget und die Ressourcen optimal einzusetzen, muss die Organisation in der Lage sein, alle Daten sammeln und bewerten zu können.
In Bezug auf die Entwicklung neuer Digitalprodukte erfahren die Berater der Young Digitals in Kundenprojekten viele Vorteile durch die Nutzung agiler Produktmanagement-Konzepte. Häufig lässt sich durch die hier gegebene klare Rollenverteilung und die Notwendigkeit zur Selbstorganisation der Teams eine höhere Motivation und Effektivität innerhalb der einzelnen Teams im Gegensatz zu traditionellen (und oftmals hierarchisch strukturierten) Arbeitsansätzen wie dem Wasserfall-Ansatz erzielen. Die Teammitglieder lernen im Laufe der Entwicklungsphase, inwiefern und mit welcher Intensität sie zum Produkt- und somit auch zum Unternehmenserfolg beitragen. Diese Transparenz trägt in einem überdurchschnittlich hohen Maß zu einem erfolgreichen und agilen Produktentwicklungsprojekt bei.
Die Organisation kann durch ein strukturiert aufgestelltes Produktmanagement also sicherstellen, dass die Bedürfnisse der NutzerInnen stets berücksichtigt werden und die zur Verfügung stehende Entwicklungskapazität optimal eingesetzt wird - das kann auch Experimente und Änderungen einschließen, die nach Abschluss einer möglichst kurzen Testphase und Auswertung der nötigen Daten bei Nichterreichen der gesteckten Ziele wieder eingestellt werden. Aus der Fähigkeit bessere Produkt(änderungen) in kürzerer Zeit zu erstellen erwächst dabei während des gesamten Prozesses ein zentraler Wettbewerbsvorsprung in der digitalen Welt.