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Das Design Studio: Eine genial schnelle Prototyping-Methode

Franziska Kriesel
10.3.2022
8 min

Im besten Fall erfolgt es kurz und schmerzlos, kosteneffizient und ist trotz einer großen Ideenvielfalt nicht weniger zielführend oder strukturiert: das Prototyping. Mit Hilfe dieser Methode werden in der Softwareentwicklung Produktideen visualisiert, um sie anschließend zu testen, ohne dass dabei ein annähernd finales Produkt entsteht. Im Fokus des Prototypings stehen vielmehr die Ideen, die auf der Grundlage von Nutzertests und einem entsprechenden Feedback weiterentwickelt werden. Doch was, wenn die Kreativität im Ideen-Brainstorming ausbleibt oder einzelne Vorschläge zum Diskussionsmittelpunkt gepusht werden? 


In solchen Situationen kann das sogenannte „Design Studio“ kreative Abhilfe schaffen. Dabei handelt es sich um eine Methode, bei der innerhalb kürzester Zeit Mini-Prototypen entwickelt werden, indem kleinere Gruppen bzw. Teams viele verschiedene Ideen und Lösungsvorschläge in einem lockeren, spaßigen Setup skizzieren, gezielt diskutieren und weiterentwickeln. Seinen Ursprung hat das Design Studio im Design Thinking, wobei das Brainstorming durch den überschaubaren Zeitrahmen jedoch etwas bunter gestaltet wird. Dies funktioniert besonders dann sehr gut, wenn in den Teams unterschiedliche Rollen bzw. Positionen aufeinandertreffen, die aus völlig differenzierten Perspektiven auf ein spezifisches Problem schauen. 


Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Design Studio


Das gerade schon angesprochene spezifische Problem bildet die Grundlage des iterativen Vorgehens im Design Studio. Die sogenannte „Design Challenge“ gibt vor, welche Aufgabenstellung dabei gelöst werden soll. Dazu ist es hilfreich, den TeilnehmerInnen vorab Informationen zum eigentlichen Ziel, Problemkontext oder Angaben zur Zielgruppe vorzustellen. Damit der festgelegte Zeitrahmen nicht überschritten wird, sollten bis zu zwei Teams á drei bis sechs Personen am Design Studio teilnehmen. Für das Skizzieren der Ideen werden dann lediglich ein Timer sowie Papier und Stift oder ein digitales, kollaboratives Tool wie beispielsweise Miro benötigt. 


Der Ablauf des Design Studios


Sofern die Zuweisung der TeilnehmerInnen in Teams stattgefunden hat, kann die erste, iterative Phase des Design Studios beginnen. Jede Phase besteht dabei ganz generell aus einem Sketch-, einem Pitch- und einem Feedbackteil (5 min | 3 min je Teammitglied | 2 min je Teammitglied). 

In der ersten Phase, der Ideengenerierung, entwickeln alle TeilnehmerInnen des Design Studios selbstständig möglichst viele Produktideen auf einem Blatt Papier. Der Kreativität sind an dieser Stelle absolut keine Grenzen gesetzt: Je ausgefallener, einzigartiger und kreativer die Skizzen, desto besser. Schönheit und Design können dabei aber außen vor gelassen werden, eine besondere künstlerische Begabung ist entgegen der Annahme vieler TeilnehmerInnen keine Voraussetzung. Nach Ablauf der Zeit hat dann jedes Teammitglied drei Minuten Zeit, um seine entworfenen Ideen innerhalb des eigenen Teams zu pitchen, während von den ZuhörerInnen ausschließlich Verständnisfragen gestellt werden dürfen. Wurden alle Entwürfe vorgestellt, so geben sich die Teammitglieder gegenseitig Feedback. In diesem Teil geht es darum, sowohl die gelungenen als auch die verbesserungswürdigen Vorschläge respektvoll zu diskutieren. Im Fokus des Austausches steht dabei die Frage, ob und inwiefern das spezifische Problem durch die Idee gelöst werden kann. 


Im Mittelpunkt der zweiten Iteration des Design Studios steht die Verfeinerung der bereits entstandenen Ideen. Jede Person wählt dazu einen Entwurf aus und ‚remixt‘ diesen mit dem Feedback der Teammitglieder. Ideen von anderen Teammitgliedern zu klauen bzw. diese für die eigene Skizze zu verwenden, ist hierbei absolut gewollt und erwünscht. Diese Phase gibt somit nämlich eine Gelegenheit zur Entwicklung weiterer Details wie Aussehen, Features oder Anwendung des Produktes. Der Sketch-Pitch-Feedback-Zyklus beginnt an dieser Stelle wieder von vorn. Nachdem die Skizzen in dem festgelegten Zeitrahmen von fünf Minuten von den TeilnehmerInnen verfeinert wurden, werden sie dem Team im Anschluss daran erneut vorgestellt und am Ende der Ideenverfeinerungsphase diskutiert. 


Dann geht es an die erste Teamentscheidung: Welche der bereits vorgestellten Ideen hat das gesamte Team überzeugt? Und welcher Entwurf birgt das größte Potential zur Lösung des beschriebenen Problems? Ist die Wahl auf eine Idee gefallen, so beginnt das Team mit der Ausarbeitung dieser. Es folgt der gemeinsame Sketch, also das Brainstorming und Skizzieren in der größeren Teamrunde, weshalb für diesen Schritt auch mehr Zeit angesetzt werden darf. Beendet wird die dritte Phase im Plenum. Die Teams kommen zusammen, um nacheinander die jeweils ausgearbeitete Idee vorzustellen. Das darauffolgende gegenseitige Feedback bildet dann die Grundlage für die Zusammenführung der besten Vorschläge beider Teams, sodass am Ende des Design Studios eine Fusion der Teamskizzen entsteht, die den Weg für die weitere Entwicklung des Prototypen ebnet. 


Kreativitätswerkstatt Design Studio: Hot or not? 

Tabelle mit Vor- und Nachteilen des Design Studios
Die Vor- und Nachteile der Design Studio Methode


Unser Fazit: 


Wer im Prototyping der Gefahr des gemeinen Kreativitätsloches aus dem Weg gehen und stattdessen lieber bunte und innovative Ideen innerhalb kurzer Zeit generieren möchte, ist mit dem Design Studio als Option für ein gemeinsames Brainstorming wirklich gut beraten. Die Methode bringt dabei nicht nur eine Vielfalt von Entwürfen und Vorschlägen hervor, sondern entfesselt darüber hinaus auch das wertvolle Wissen von MitarbeiterInnen verschiedener Rollen und Positionen. Der Austausch über unterschiedliche Blickwinkel stärkt im besten Fall die Kollaboration crossfunktionaler Teams und schafft unter Einhaltung einiger Regeln einen Raum für ein respektvolles Miteinander und die freie Entfaltung origineller Lösungen. Das ewige Zerreden von einzelnen Vorschlägen bleibt aus, während der Input aller Teammitglieder gleichsam berücksichtigt und in ein gemeinsames Lösungskonzept integriert werden kann. Ach ja, Spaß macht die Methode auch noch. Wir schlagen also vor: Einfach mal ausprobieren!

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Ansprechpartner

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André Doerfer